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Wende im Klimaschutz? Trump will Weltklimavertrag kündigen

Der us-amerikanische Präsident Donald Trump sorgt immer wieder für eine Empörung. Als er vor knapp zwei Wochen angekündigt hat, aus dem Pariser Weltklimavertrag austreten zu wollen, ist der Aufschrei groß gewesen. Klimaforscherin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) meinte, er tobe wie „eine Abrissbirne durch das mühsam errichtete Bauwerk des globalen Klimaschutzes“, und Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte die Zukunft der Klimapolitik demonstrativ zur „Frage über die Zukunft der Erde“.

Trumps Ziel: Obamas Klimagesetzgebung zurückzudrehen

Die Überlegungen der US-Regierung, aus dem Paris-Abkommen auszutreten, hätten Ende April Fahrt aufgenommen, schreibt Susanne Dröge von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Nachdem die Trump-Regierung per Dekret damit begonnen hatte, die Klimagesetzgebung der Obama-Regierung zurückzunehmen, hätte Scott Pruitt, Leiter der us-amerikanischen Umweltagentur (EPA), befürchtet, Unternehmen und Umweltgruppen in den USA könnten gegen seine Behörde klagen. Als Alternative zum Austritt sei im Weißen Haus überlegt worden, das 2015 erklärte Klimaziel abzusenken oder ganz zurückzuziehen. Es sei aber umstritten gewesen, ob dies unter dem Paris-Abkommen möglich wäre.

Das eifrige Vorgehen der Trump-Regierung gegen die Klimaschutzmaßnahmen ihrer Vorgänger kommt nicht überraschend. Der britische Guardian hat Trumps Positionen zum Klimawandel als Orthodoxie der Republikaner bezeichnet. Alle ihrer Präsidentschaftskandidaten hatten den menschengemachten Klimawandel geleugnet und angekündigt, Obamas Umweltgesetzgebung zurückzudrehen. Nicht zuletzt die enge Verbindung ihrer Partei zu Öl- und Kohlekonzernen dürfte dafür verantwortlich sein. So berichtete der Guardian Anfang Juni, dass 22 republikanische Senatoren seit 2012 rund zehn Millionen Dollar von diesen Unternehmen erhalten hätten. Und eben jene Senatoren hatten Trump noch kurz vor seiner Entscheidung in einem Brief aufgefordert, das Paris-Abkommen zu kündigen und „einen klaren Schritt zu machen“. Unter den Unterzeichnern befinden sich beispielsweise bekannte Klimawandel-Leugner wie James Inhofe, der einflussreiche Mehrheitsführer im Senat Mitch McConnell und Ted Cruz, der 2016 bei der Präsidentschaftsnominierung gegen Trump verloren hatte.

Ausstieg mit Unwahrheiten begründet

Seine Partei und große Teile der Wirtschaft hinter sich wissend, verkündete und begründete Trump den geplanten Ausstieg in einer Rede im Rosengarten des Weißen Hauses. Wie sich im Nachhinein herausstellte, nahm er es dabei mit der Wahrheit nicht so genau, zeigte das Onlinemagazin klimaretter.info. So erklärte Trump, die durch „Paris“ erreichbaren Fortschritte beim Klimaschutz seien lächerlich klein, könnten aber bis 2025 rund 2,7 Millionen Arbeitsplätze vernichten, bis 2040 sogar 6,5 Millionen. Die Studie, auf die er sich dabei bezog, war für zwei Lobbygruppen erstellt worden, die sich gegen Klimaauflagen wenden. Von Fachleuten wird die Untersuchung kritisiert, betrachtet sie doch nur die Kosten und „berücksichtigt nicht mögliche Vorteile von vermiedenen Emissionen“, sagt Kenneth Gillingham von der US-Universität Yale. Würden die Vorteile mitberücksichtigt, sehe das Resultat anders aus. Auch Bob Ward von der London School of Economics kritisiert laut klimaretter.info die Studie: „Die extremen Annahmen bedeuten: Dies waren die Kosten, wenn Politiker die am wenigsten kosteneffizienten Maßnahmen zum Erreichen der Emissionsziele nutzen würden“. Das sei eine irreführende Bestandsaufnahme.

Glaubensfrage Klimaschutz

Auch wenn es Trump mit der Wahrheit nicht so genau genommen hat, bei den konservativen Wählern dürfte er mit seinem Schritt gepunktet haben. Denn es gibt wohl kein Thema in den USA das mehr eine Glaubens- als eine Wissensfrage ist. So berichtete die Süddeutsche Zeitung schon vor zwei Jahren über eine Studie der Yale-Universität, nach der zwar 63 Prozent der Amerikaner denken, dass sich die Erde erwärmt, aber weniger als die Hälfte den Menschen als Ursache ansehe. Als das Meinungsforschungsinstitut Pew ein Jahr zuvor fragte, ob es Beweise für die globale Erwärmung gebe, antworteten 79 Prozent der Demokraten und 61 Prozent der Parteilosen mit Ja. Unter den Republikanern waren es nur 37 Prozent.

Öffentlichkeit getäuscht

Um sich als entschlossenen Kämpfer für die Interessen und Jobs der US-Amerikaner zu präsentieren, sagte er in seiner Rede, dass jetzt unter seiner Präsidentschaft eine neue Kohlemine aufgemacht hätte. „Eine brandneue Mine, das hat man noch nicht gehört“, tönte er. Aber auch das ist nur eine Täuschung der Öffentlichkeit gewesen.

Tatsächlich hat die Firma Corsa Coal in Pennsylvania in der Nähe des Städtchens Acosta eine neue Mine eröffnet, und drei weitere sind in dem Bundesstaat geplant, wie die Frankfurter Allgemeine Woche (24/2017) berichtet. Doch ein allgemeiner Trend steht nicht dahinter: Corsa Coal fördert vor allem metallurgische Kohle, die für die Stahlerzeugung benötigt wird. Diese erfährt gerade eine Sonderkonjunktur, unter anderem weil der Wirbelsturm „Debbie“ vor wenigen Wochen Teile von Australien verwüstete und eine Landfläche in der Größe des Bundesstaates Texas unter Wasser setzte. Rund fünf Prozent der auf der ganzen Welt gehandelten metallurgischen Kohle kann deshalb nicht geliefert werden. Corsa Coal springt nun als Lieferant ein, und in dem neuen Bergwerk werden künftig rund 70 Leute (!) Kohle fördern. Von einer Trendwende am Arbeitsmarkt kann so nur schlecht gesprochen werden, ging doch in den letzten dreißig Jahren die Zahl der Kohlekumpel von 150.000 auf jetzt 50.000 zurück.

2 Comments

  • Jan Posted 19. Juni 2017 22:46

    Er wird damit allerdings nicht so leicht durchkommen. Die Bundesstaaten nutzen ihre Autonomie (siehe Kalifornien) und auch international sind die USA hier völlig isoliert. Es wird alles nicht so heiß gegessen wie gekocht und schon gar nicht bei Trump. Von daher plädiere ich zum einen für Abwarten in Bezug auf die USA und zum anderen für ein schnelles Vorantreiben von Klimaschutzmaßnahmen mit allen anderen.

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