Luftverschmutzung ist in deutschen Städten ein größer werdendes Problem. Die Bundesregierung sieht wegen zu hoher Emissionen Handlungsbedarf, ist sich aber uneins, wie diesen beizukommen wäre. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sagte kürzlich gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa), dass man über Zufahrtsbeschränkungen für Dieselautos nachdenken müsse, wenn es keine andere Lösung gebe.
Hintergrund für die Überlegungen in München seien neuere Abgas-Messwerte, die die Süddeutsche Zeitung (SZ) vorgelegt hätte, sagte Reiter. Der von der EU zugelassene Mittelwert für die Belastung mit dem giftigen Stickstoffdioxid werde nicht nur auf den großen Ring- und Einfallstraßen regelmäßig überschritten, sondern auch in weit davon entfernten Gegenden. Von einem Fahrverbot in München betroffen wären laut SZ – je nach angewandter Abgasnorm – zwischen 133.000 und 170.000.
Die Pläne für Fahrverbote in München seien nicht überraschend, sagte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, den Dortmunder Ruhr Nachrichten. „Ob München, Stuttgart, Berlin, Hamburg, Köln, Düsseldorf oder im Ruhrgebiet – es gibt in Deutschland 28 Gebiete, die die Stickoxid-Grenzwerte überschreiten.“
Auch die Umweltschutzorganisation Greenpeace begrüßte laut dpa Reiters Vorstoß. „Endlich ist einem Bürgermeister die Gesundheit der Menschen wichtiger als freie Fahrt für schmutzige Diesel.“
Handwerk, Industrie und Handel in Bayern lehnten die Reiters Pläne ab. Waren könnten nicht mehr geliefert werden, mit vielen zusätzlichen Pendlern wäre der öffentliche Nahverkehr überfordert, warnten Verbände. Der Verband der Automobilindustrie erklärte, es gebe „intelligentere und schneller wirkende Maßnahmen“ als zeitlich begrenzte oder dauerhafte Fahrbeschränkungen, z.B. die Verbesserung des Verkehrsflusses.
Der Deutsche Städtetag plädiert vor diesem Hintergrund für die Einführung der blauen Plakette. „Niemand behauptet, dass die blaue Plakette die Ideallösung ist. Aber sie ist ein Instrument, um mögliche Fahrverbote auch kontrollieren zu können“, sagte Dedy. Es sei völlig unverständlich, dass sich die Bundesregierung nicht auf ihre Einführung einigen könne. Das sei fahrlässig. Die Einführung der blauen Plakette war im vorigen Sommer vom Bundesumweltministerium auf Eis gelegt worden. Mit ihr sollten besonders schadstoffarme Autos markiert werden. Die Plakette würde Kommunen eine Grundlage dafür verschaffen, nur diese in bestimmten Bereichen fahren zu lassen – und ältere Diesel auszusperren.
Bundesweit gibt es verschiedene Ansätze, mit zu hohen Abgaswerten von Diesel-Fahrzeugen in Innenstädten umzugehen. In Stuttgart soll es ab 2018 an Tagen mit besonders hoher Luftverschmutzung Fahrverbote geben. Hamburg plant Fahrverbote auf Teilen zweier Hauptverkehrsstraßen. In Köln, Düsseldorf und Dortmund stehen flächendeckende Fahrverbote derzeit nicht zur Diskussion, und die niedersächsische Hauptstadt Hannover prüft derzeit alle geeigneten Maßnahmen. In elf hessischen Städten gibt es bereits Luftreinhaltepläne, mit Umweltzonen oder Lkw-Durchfahrverboten.
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) sprach sich gegen Fahrverbote aus – genauso wie der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU). Dieser sagte gegenüber dpa: „Mein Ziel ist es immer, bei Umweltverschmutzungen möglichst die Verursachung zu verhindern“. Die Autoindustrie sei gefordert, hier neue Möglichkeiten aufzuzeigen, wie es auch einst beim Katalysator der Fall gewesen sei.
Die Autoindustrie denkt aber derzeit gar nicht daran, wie eine neuere Untersuchung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) zeigt. Diese hatte bei einem Audi A8 mit Dieselmotor und Abgasstufe Euro 6 die höchsten je gemessenen Stickoxid-Werte ermittelt. Eine etwa zweieinhalb Jahre alte Limousine habe bei Straßentests des Emissions-Kontroll-Instituts (EKI) der DUH im Durchschnitt von zehn Messungen 1422 Milligramm des giftigen Stickoxids pro Kilometer ausgestoßen. Der Spitzenwert lag demnach bei 1938 Milligramm pro Kilometer. Der höchstens zulässige Wert für dieses Fahrzeug der Euronorm 6 liege allerdings nur bei 80 mg/km.
„Audis Spitzenlimousine flutet die deutschen Innenstädte mit Rekordmengen des Dieselabgasgiftes Stickoxid“, kritisiert Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH. Es sei „geradezu absurd“, dass für derartige Fahrzeuge eine Ausnahme für ab 2018 kommende Diesel-Fahrverbote gefordert werde.
Bildquellen
- exhaust: .christoph.G. / flickr.com | CC BY-ND 2.0
1 Comment
Die staatliche Renten+ gesetzliche Krankenkassen sollten ‘eigentlich’ ein Interesse daran haben, ihre Kosten gering zu halten und sich für gesunde Bürger stark machen 😀 und machen sie? o.O wieso klagen die nicht gegen die Automibil-Industrie + Abgas-Untersuchungs-Institute 🙁 vlt müssten die mal darauf angestubst werden ^_^
+ Die Städte, Gemeinden, Landkreise,.. könnten auch aktiv werden und z.B. abgasfreie Gesundheits-Tretkurbel-Busse,.. herstellen lassen und den Beförderungs-Unternehmen anweisen diese zu nutzen, wo das praktisch möglich ist, sonst die Fördermittel streichen,.. 😀 auch abgasfreie Velo-Mobile könnten sie anweisen, in ihren Zuständigkeitsbereichen zu nutzen ^_^ https://www.transition-initiativen.de/ideen-fuer-eine-postfossile-mobilitaet-staerkende-klaerende-infos-zum-thema + https://mobilitaet2050.vcd.org/2050-das-projekt/aktionen-archiv/?tx_news_pi1%5B%40widget_0%5D%5BcurrentPage%5D=1&cHash=161c4d4dd5ea861a775beff5c96ae6aa
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