Trommeln für den Klimavertrag

In der letzten Woche ist in Berlin der sogenannte Petersberger Klimadialog zu Ende gegangen. Minister aus 36 Ländern sind zu diesem informellen Treffen gekommen, um den Weg zu einem Weltklimavertrag zu ebnen. Mehr als Worte hat es allerdings nicht gegeben, und ob der Vertrag in Paris geschlossen wird, bleibt zweifelhaft.

Bundeskanzlerin Merkel nutzte die Gelegenheit, um sich wieder zur „Klimakanzlerin“ zu stilisieren. Nachdem 2009 der Klimagipfel in Kopenhagen scheiterte, drohte der Klimadiplomatie ein Stillstand. Damit der Gesprächsfaden zwischen den Ländern nicht abreißt, initiierte Merkel 2010 zum ersten Mal den Petersberger Klimadialog. In diesem Jahr soll erneut versucht werden, einen Weltklimavertrag zu schließen, aber bisher sieht es auch dafür nicht gut aus. So will Merkel ihren Einfluss über den Klimadialog, aber auch beim kommenden Treffen der G7-Länder nutzen, und den Verhandlungen neuen Schwung geben – was ihr aber vor dem Hintergrund der deutschen Klimapolitik nicht gelingen dürfte.

Im letzten Jahr hatten sich die Staaten darauf geeinigt, dass keine Ziele für die Reduktion des Ausstoßes von Klimagasen vorgeschrieben werden. Stattdessen sollten die Staaten bis Ende März 2015 dem UN-Klimasekretariat in Bonn mitteilen, was sie freiwillig dafür zu tun bereit sind. Dann hätte berechnet werden sollen, ob die Anstrengungen ausreichen, um die Erderwärmung um zwei Grad zu beschränken. Allerdings haben von 190 Ländern bisher nur 37 ihre freiwilligen Verpflichtungen mitgeteilt.

Problematisch sei zudem, dass die freiwilligen Verpflichtungen nicht eindeutig definiert wurden und dass man sie nicht einfach miteinander vergleichen könne, schreiben Oliver Geden und Susanne Dröge, beides Mitarbeiter der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin. So will die EU ihren Ausstoß von Kohlendioxid bis 2030 um 40 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 senken, China will überhaupt erst 2030 anfangen, Japan strebt eine 26-prozentige Minderung im Vergleich zum Jahr 2013 an und Kanada 30 Prozent gegenüber dem Basisjahr 2005.

Man sei „weit davon entfernt, das Ziel zu erreichen“, klagte Frankreichs Präsident François Hollande. Die angekündigten nationalen Ziele reichten nicht aus, um das Zwei-Grad-Ziel einzuhalten. Schon der Gipfel von Kopenhagen scheiterte daran, dass sich viele Länder sorgten, mit zu scharfen eigenen CO2-Reduktionen Wohlstand einzubüßen und den Konkurrenten auf dem Weltmarkt Vorteile zu verschaffen. Ob es auch diesmal an der Logik des Kapitalismus liegt, dass die Länder sehr zurückhaltend mit ihren Reduktionszielen sind, wurde bisher allerdings nicht gesagt.

Stattdessen erging sich Angela Merkel nach Angaben des Handelsblattes in markigen Worten. „Wir müssen im 21. Jahrhundert die Dekarbonisierung schaffen“, sagte sie und meinte damit, dass recht bald der Energiehunger nicht mehr aus Öl, Gas und Kohle gestillt werden soll sondern komplett aus Erneuerbaren Energien. Um das zu erreichen, müsse es einen weltweiten Handel mit Verschmutzungsrechten geben – der aber bekanntlich noch nicht einmal in der EU funktioniert.

Angesichts der deutschen Energiepolitik dürfte die Forderung nach Dekarbonisierung nicht besonders glaubwürdig erscheinen. Deutschland will einerseits im Klimaschutz führend sein und schafft es andererseits nicht, die eigenen Klimaziele zu erreichen. Dass sich die Bundesregierung schwer damit tut, entschlossen aus der Verstromung der Braunkohle auszusteigen, dürfte ihr bei den kommenden Verhandlungen noch auf die Füße fallen.

Punkten konnte Merkel allerdings mit der Zusage, dass Deutschland seine Ausgaben für den internationalen Klimaschutz von zuletzt zwei Milliarden Euro jährlich bis 2020 verdoppeln werde. Die Industrieländer hatten 2009 auf dem Kopenhagen-Gipfel zugesagt, ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar für Klimaschutzprojekte, z.B. zum Schutz gegen Dürren, Stürme und Überschwemmungen in Drittweltländern zur Verfügung zu stellen. Ob diese Finanzmittel tatsächlich zur Verfügung stehen werden, ist aber bislang noch unklar. Immerhin fehlen noch die Zusagen für 70 Milliarden Dollar, monierte Merkel. Dass es ohne ein Finanzierungsmodell kein Abkommen geben werde, fügte Hollande an.

Zuerst veröffentlicht in: Unsere Zeit, Nr. 22/2015