Es steht schlecht um die bürgerlichen Parteien in Deutschland, könnte man glauben, wenn man einen Bericht der Bundestagsverwaltung liest: Bis kurz vor Jahresende 2014 haben die Parteien nur 13 Großspenden von mehr als 50000 Euro erhalten. Insgesamt waren das zwar immer noch 1,5 Millionen Euro, aber deutlich weniger als noch ein Jahr zuvor. 2013 gab es schließlich noch 31 Großspenden mit einer Gesamtsumme von rund 3,7 Millionen Euro.
Für die Wirtschaft ist es nicht mehr attraktiv, Gesicht zu zeigen. Der Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim glaubt, dass die Unternehmen inzwischen sehr wohl den Nutzen abwägen gegen eine möglicherweise unangenehme öffentliche Debatte abwägen. Verständlicherweise wollen sich Unternehmen vor einer lästigen Diskussion drücken, ob sie mit ihren Spenden vielleicht nicht doch die eine oder andere politische Entscheidung beeinflussen.
Dass die Parteien selber auch vorsichtiger geworden sind, verwundert ebenso wenig. Als sich die FDP vor einigen Jahren vehement für einen Steuerrabatt für Hoteliers einsetzte, fiel ihr schließlich die Spende des Mövenpick-Hotelunternehmers August von Finck auf die Füße.
Aber die Parteien müssen nicht um ihre wirtschaftliche Existenz bangen. Großspenden machen nur ein Zehntel aller Spenden aus. Um die Meldepflicht zu umgehen, werden sie eben gestückelt und nur noch kleinere Beträge überwiesen. Wenn das der erwarteten Intransparenz immer noch nicht genügen sollte, kann man auch noch andere Wege beschreiten: In Parteizeitungen könnte man überteuerte Anzeigenflächen buchen oder man könnte auch bei einem Parteitag dafür bezahlen, dass man sich mit dem einen oder anderen Parteimitglied aus der Führungsriege für ein paar Minuten unterhalten darf. Das alles ändert zwar nichts daran, dass ein Entgegenkommen seitens der Politik erwartet wird, aber es fällt eben nicht mehr so auf.
Um wirklich jedes Risiko für die Parteien zu vermeiden, gibt es dann auch noch die Parteienfinanzierung durch Steuergelder und die staatlichen Zuschüsse für Fraktionen, Personal und Stiftungen. Der Politikwissenschaftler Karl-Heinz Naßmacher schätzt, dass den Parteien jedes Jahr eine Milliarde Euro auf diesem Weg zufließt. Allein die Kosten für die persönlichen Mitarbeiter der Bundestagsabgeordneten summieren sich für den Staat auf 169 Millionen Euro im Jahr und übersteigen so die Zuschüsse aus der Parteienfinanzierung.
Um die bürgerlichen Parteien müssen wir uns wirklich nicht sorgen. Auch wenn einmal die Großspenden ausbleiben sollten, sind sie immer noch reichlich versorgt – wenn sie gewählt werden. Eine Milliarde Euro im Jahr sind ihnen dabei sicherlich behilflich.
Zuerst veröffentlicht: Unsere Zeit, Nr. 01/2015