Schwacher Zusammenhalt in Brandenburg. Lausitzer Rundschau verklärt die Ergebnisse einer neuen Untersuchung

Die Zufriedenheit der Brandenburger sei seit der Wende deutlich gewachsen, behauptet die Lausitzer Rundschau (LR, 13. Mai 2014) mit Verweis auf eine Studie der Bertelsmann-Stiftung. Diese hatte kürzlich untersuchen lassen, wie es um den gesellschaftlichen Zusammenhalt in den einzelnen Bundesländern bestellt ist.

Ergeben hat die Studie, dass 25 Jahre nach dem Fall der Mauer der Abstand zwischen Ost und West bei dem Thema Zusammenhalt größer denn je ist. Die Lausitzer Rundschau interpretiert das Ergebnis recht eigenwillig. Nicht nur, dass sie behauptet, die Zufriedenheit der Brandenburg sei deutlich gewachsen, sie meint auch: „So sei das relativ geringe Vertrauen der Ostdeutschen in ihre Mitmenschen typisch für Länder, in denen zuvor eher Kontrolle das gesellschaftliche Klima bestimmt hatte.“

Werner Kolhoff kommentiert die Ergebnisse in der LR und gibt dem Sozialismus die Schuld. Er fragt: „Und gehört zur Wahrheit nicht auch, dass das Bürgertum, das im Westen die Kirchen, Parteien und Vereine trägt, im Osten von der Partei fast komplett verdrängt wurde?“ Was solle bleiben, wenn das Bürgertum weg sei, fragt er und gibt zur Antwort: „Viele Vereinzelte, die um ihre individuelle Zukunft kämpfen, und zwar hart.“

Allerdings werden in der Studie nicht nur andere Ergebnisse sondern auch andere Gründe präsentiert. Geringes Armutsrisiko, hohe Wirtschaftskraft und eine städtische Raumstruktur seien die Voraussetzungen für einen starken Zusammenhalt, heißt es in der Studie. Brandenburg habe angesichts dieser Ursachenkomplexe schlechte Voraussetzungen für einen starken gesellschaftlichen Zusammenhalt: Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf (19.000 Euro) liege deutlich unter dem Bundesdurchschnitt (28.000 Euro). Das Armutsrisiko sei zwar niedriger als in anderen ostdeutschen Bundesländern, liege aber mit 16,8 Prozent höher als im Schnitt. Alle westlichen Bundesländer außer Bremen liegen zwischen 10,2 Prozent und 15,8 Prozent. Nach dieser Definition ist arm, wer weniger als 60 Prozent des bundesdeutschen Medianeinkommens zur Verfügung hat. Außerdem sei die Siedlungsstruktur sehr ländlich. Der Anteil der städtischen Gemeinden liegt bei rund 10 Prozent.

Brandenburg weist laut Studie den fünftschwächsten gesellschaftlichen Zusammenhalt auf und lag seit 1990 immer im unteren Mittelfeld.

Die Studie weist zwar darauf hin, dass die ostdeutschen Länder gewisse Ähnlichkeiten zu anderen „postsozialistischen“ Länder wie Littauen, Lettland, Rumänien, die Tschechische und die Slowakische Republik aufweisen. Sie legt aber nicht den Schluss nahe, der in der LR gezogen wird, schließt diesen viel eher aus. Denn Armut und eine schwache Wirtschaft sind in diesen Ländern Folgen der Restauration des Kapitalismus und nicht das Ergebnis eines von Kontrolle bestimmten gesellschaftlichen Klimas.