Mageres Ergebnis in Lima

Es ist immer das Gleiche: Ein Weltklimagipfel beginnt vielversprechend und endet dann doch enttäuschend. So kann auch der diesjährige Gipfel in der peruanischen Hauptstadt als gescheitert betrachtet werden – auch wenn am Ende ein paar Dinge beschlossen wurden.

Als China und die USA Mitte November ihre Klimaschutz-Initiative verkündeten, waren Umweltschützer und -politiker begeistert. Die Blockade der Verhandlungen sei gelöst, frohlockte man und glaubte, der Weg für einen neuen weltweiten Klimavertrag sei frei. Doch diese Vorstellung entpuppte sich als überaus naiv.

In ihrer letzten Ausgabe berichtete die UZ bereits darüber, dass die schwierigen Streitfragen erst in der zweiten Woche des Klimagipfels diskutiert werden sollten. Wie zu erwarten war, näherten sich die Parteien einander nicht an. Auch die Worte des Vorsitzenden des Weltklimarates IPCC, Rajendra Pachauri, fruchteten nicht. Er warnte die Delegierten: Die menschliche Gesellschaft werde nicht mehr in der Weise bestehen wie heute, wenn das Zwei-Grad-Ziel nicht eingehalten werde.

Erst nachdem der Klimagipfel in eine Verlängerung ging, einigten sich die Vertreter aus 195 Ländern auf ein höchst mageres Abschlussdokument, das niemanden wirklich zufrieden stellt. Hubert Weiger, Präsident des Bundes Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), meinte gar, man wäre eigentlich keinen Schritt vorwärts gekommen.

Noch vor vier Jahren hatten die Industrieländer bei der Klimakonferenz im mexikanischen Cancún versprochen, den Entwicklungsländern ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar zu geben, damit sie sich an die Folgen des Klimawandels anpassen können. In Lima waren die Vertreter der Entwicklungsländer dann gewillt zu erfahren, ob sie das Geld bekommen werden und wie es die reichen Länder auftreiben wollen. Die Antwort kam prompt: konkrete Zusagen seien eine rote Linie. Kein Wunder, dass dadurch der Eindruck entsteht, dass sich die reichen Länder aus ihrer Verantwortung stehlen wollen. Der Grüne Klimafonds, aus dem die Entwicklungsländer Gelder beziehen sollen, ist gerade einmal mit zehn Milliarden Dollar gefüllt. Und, um der Sache noch eins drauf zu setzen, hat ein UN-Bericht in Lima klargestellt, dass selbst 100 Milliarden Dollar pro Jahr nicht ausreichen werden. Ab 2030 werde wohl schon die dreifache Summe gebraucht.

Bis zum März kommenden Jahres sollen die einzelnen Länder melden, welche Maßnahmen sie gegen den Klimawandel planen. Nun wurde lang und breit darüber gestritten, in welcher Form die Meldung erfolgen soll. Damit die Eingaben der Länder vergleichbar sind, müssten sie in einem einheitlichen Format erfolgen und offenlegen, wie die Länder zu ihren Emissionszielen gekommen sind. Doch das ging manchen Ländern schon zu weit. So war lange unklar, ob die UN-Klimakonvention überhaupt ermächtigt wird, die Ziele zu vergleichen. Letztendlich hat man sich geeinigt: Die Länder müssen nun begründen, warum ihre jeweiligen Ziele „fair“ und „ambitioniert“ sind.

Eigentlich sollte das Abschlussdokument von Lima die Eckpfeiler des neuen Weltklimavertrages markieren, der nächstes Jahr in Paris geschlossen werden soll. Ob er angesichts dessen, dass sich die Industrieländer ihrer historischen Schuld nicht stellen wollen, der große Wurf wird, ist zu bezweifeln. Und wenn Ölförderländer wie Saudi-Arabien dafür entschädigt werden wollen, dass sie durch die internationale Klimapolitik künftig weniger Öl verkaufen werden, wird der Zweifel nur noch verstärkt.

Ein „Weiter so“ können wir uns de facto nicht leisten, was in Deutschland auch von einigen Sozialdemokraten so erachtet wird. Michael Müller (SPD), ehemaliger Parlamentarischer Staatssekretär im Umweltministerium, machte in einem Interview deutlich: Die Umweltbewegung müsse politischer werden und Zusammenhänge aufzeigen, die weit in die Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung hineinreichen. Der Klimawandel zwinge zur Systemfrage. Seien der Schutz der Menschheit und Natur, soziale und ökologische Gerechtigkeit, das postfossile Zeitalter überhaupt mit dem Kapitalismus zu erreichen?

Die Antwort fällt nicht schwer: Nein!

 

Bild: COP20 Demonstration (World Resources Institute/flickr.comCC BY-NC-SA 2.0)

Zuerst veröffentlicht: Unsere Zeit, 19. Dezember 2014