Die großen Energiekonzerne erhalten Zuspruch von unerwarteter Seite. Mit einem Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z.) hat sich der ehemalige Vorsitzende der Linkspartei (PDL) Oskar Lafontain zu Wort gemeldet. Windräder würden die Ästhetik der Umwelt zerstören und sogar zu einem höheren Ausstoß von Kohlendioxid führen, meint Lafontaine. Es sei an der Zeit, „die Stromerzeugung durch „Stahlkolosse”, die eine Gesamthöhe von zweihundert Metern erreichen können, zu beenden.” Außerdem erzeuge man in Deutschland nur sehr wenig Energie mit Wind, was deshalb nicht rechtfertigen könne, noch mehr Kulturlandschaften unter die Räder kommen zu lassen.
Der Ausbau der Windenergie sei ein „extremes Beispiel für das sinnliche Barbarentum der Geldmacherei, die sich als Energieökologie maskiert”. Die Windkraftbranche habe, wenn es um die Käuflichkeit von politischen Entscheidungen geht, viel von der Wirtschaftslobby gelernt. „Im harmloseren Fall werden Zuschüsse an Kindergärten oder Sportvereine in Aussicht gestellt, um die Genehmigung eines Landrates, Bürgermeisters, Gemeinderates oder Ortsrates zu erreichen. Bis die Bürger von diesen Vorgängen Kenntnis erhalten, ist es oft zu spät, da das Genehmigungsverfahren schon zu weit fortgeschritten ist.” Der Ausweg sei, einen Bürgerentscheid über die Errichtung von Windrädern verbindlich zu machen.
Bisher spiele die Windenergie beim Primärenergieverbrauch nur eine untergeordnete Rolle, so Lafontaine. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gibt einen Anteil von 1,3 Prozent an. „Und dafür sollen wir unsere Kulturlandschaft zerstören”, fragt er weiter und täuscht dabei den Leser. Denn er vermischt, was nicht zusammen gehört.
Im Primärenergieverbrauch fließen die Werte der Stromerzeugung, des Verkehrs und der Bereitstellung von Wärme zusammen. Windenergie spielt derzeit vor allem nur in der Stromproduktion eine Rolle. Im Verkehr und für die Wärme werden weiterhin fast ausschließlich fossile Brennstoffe genutzt und sie sind deshalb schon stärker im Primärenergieverbrauch repräsentiert.
Hinzu kommt, dass die Energiegewinnung aus fossilen Energieträgern mit einem recht geringen Wirkungsgrad erfolgt. Das Umweltbundesamt gibt an, dass der Wirkungsgrad von Atomkraftwerken gerade einmal bei 33 Prozent liegt. Bei Kohlekraftwerken schwankt er zwischen 35 Prozent und bei den modernsten bei 45 Prozent. Während bei Windkrafträdern ein Wirkungsgrad von 100 Prozent angenommen wird. Die aufgewendete Energie, die sich im Primärenergieverbrauch widerspiegelt, ist deshalb bei fossilen Energieträgern deutlich höher als die der Windkraftanlagen.
Um den Primärenergieverbrauch zu senken, wäre es logisch, den Ausbau der Windkraft stärker zu fördern. Aber das will Lafontaine nicht, da die Windkraftanlagen sein ästhetisches Empfinden beeinträchtigen.
Ob es sinnvoll ist, die Bürger via Bürgerentscheid darüber entscheiden zu lassen, ob in ihrer Kommune Windräder errichtet werden, ist fraglich. Einerseits kommt immer wieder zum Ausdruck, dass die Menschen zwar die Energiewende wollen, aber nicht unbedingt vor der eigenen Haustür. So gründen sich immer wieder Bürgerinitiativen, die den Bau von Windkraftanlagen verhindern wollen und dabei genauso argumentieren wie Lafontaine. Andererseits ändert es nichts an dem Problem, dass die Energiewende zum lukrativen Geschäft gemacht wird und nur wenige – vor allem Konzerne – profitieren.
Wir wollen die Energiewende und messen der Windenergie eine große Rolle bei. Sie kann aber nur gelingen, wenn sich nicht Konzerne an ihr bereichern. Bürger und Kommunen sollen Genossenschaften bilden, die sich vor Ort um den Ausbau bemühen und auf diesem Weg einen größeren Anteil an den Einnahmen bekommen.