Keine Auskünfte mehr zu sowjetischen Kriegsgefangenen

Über drei Millionen sowjetische Kriegsgefangene kamen zwischen 1941 und 1945 in Deutschland ums Leben. Wenn ihre Nachkommen etwas über die Vermissten in Erfahrung bringen wollen, konnten sie sich bisher an die Dokumentationsstelle der Stiftung Sächsische Gedenkstätten wenden. Doch damit ist es nun vorbei, obwohl es noch tausende Anfragen gibt.

Das Projekt wurde bisher vom Bund finanziert und dieser hat Ende 2014 nach mehrmaliger Verlängerung die Finanzierung eingestellt. Obwohl der Stichtag seit Jahren bekannt war, hat sich der Freistaat Sachsen nicht bereitgefunden, die benötigten Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. Siegfried Reipich, Geschäftsführer der Stiftung, sagte, ohne eine feste Finanzierungszusage könne er im Stiftungsrat keine Stelle beschließen. Trotz des derzeitigen Konflikts zwischen der EU und Russland müsse diese humanitäre Arbeit geleistet werden. Ohnehin sei es ein Unding, „die Auskunftsarbeit zum 70. Jahrestages des Kriegsendes einzustellen“, sagte er gegenüber dem Mitteldeutschen Rundfunk.

Der zuständige Bundesbeauftragte für Kultur und Medien gab bekannt, dass versucht werde, ab 2016 eine Stelle zu schaffen – wenn sich der Freistaat beteilige. Für die erste Hälfte dieses Jahres habe die sächsische Staatskanzlei Gelder zur Verfügung gestellt, heißt es weiter. Doch darüber kann Reipich nur den Kopf schütteln. Vage Absichtserklärungen und eine Spende reichten nicht aus. “Wir können von prekären Minimitteln von 20.000 oder 25.000 Euro nicht Menschen, die 25 Jahre in einem Projekt gearbeitet haben, sozialversicherungspflichtig einstellen wie sich das gehört”, so Reipich.

Auch bei Markus Meckel, dem Präsidenten des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, trifft das Verhalten der sächsischen Landesregierung auf Unverständnis. “Ich glaube, dass die Arbeit noch langfristig notwendig ist, dies ist ja etwas, dass auch für unsere Arbeit wichtig ist. In Russland, in der Ukraine, in Belarus und wenn dort das Signal ist, dass wir Deutschen uns nicht nur um unsere Gräber kümmern, sondern auch darum bemühen um das Gedenken an die sowjetischen Kriegsgefangenen, dann gibt das ein wichtiges Signal.”

Wahrscheinlich hunderttausende Karteikarten der Wehrmacht liegen im Gebäude der Stiftung Sächsische Gedenkstätten und jede dieser Karteikarten steht für einen Sowjetsoldaten, der in deutscher Gefangenschaft ums Leben kam. In den vergangenen 15 Jahren wurden die Daten katalogisiert und aufgearbeitet. Mit ihnen war es möglich, über das Schicksal der vermissten Rotarmisten Auskunft zu geben. “Aus dem Forschungsprojekt ergab sich, dass noch viele Schicksale ungeklärt sind, nicht nur die Deutschen. Und die Angehörigen möchten immer noch wissen, wo liegt mein Großvater begraben, wie ist es gewesen”, sagte Reipich.

Pro Monat kamen bisher rund 500 Anfragen per Email oder Brief, meist in russischer Sprache. Was als Forschungsauftrag für eine Person begann, wuchs schnell zu einem Informationszentrum, das bis zu fünf Mitarbeiter betreut haben.