Wieviel wissen wir eigentlich über das Christentum und seinen Begründer? Jesus von Nazaret wurde an Weihnachten geboren und zu Ostern ans Kreuz geschlagen. Er soll der Sohn Gottes gewesen und von einer Jungfrau zur Welt gebracht worden sein. Nach diesen wenigen Fakten hört das Wissen oftmals schon auf.
Wer mehr über die Anfänge des Christentums erfahren will, dem sei das Buch des amerikanischen Religionswissenschaftlers Reza Aslan „Zelot. Jesus von Nazaret und seine Zeit“ empfohlen. Er selbst war 15 Jahre alt, als er Jesus in einem evangelikalen Jugendcamp kennenlernte. Man erzählte ihm eine Geschichte, die der Erzählung aus dem Christenlehreunterricht nicht unähnlich sein dürfte: Vor 2000 Jahren sei der Gott des Himmels und der Erde als hilfloses Kind geboren worden. Dieses wuchs heran zu einem Mann ohne Sünde, und er wurde zum Christus, zum Erretter der Menschheit. Durch seine Worte und Wundertaten provozierte er die Juden, die sich als das von Gott auserwählte Volk sahen, und dafür ließen ihn die Juden ans Kreuz schlagen. Er hätte dieser Strafe entgehen können, doch er wählte aus freien Stücken den Tod, und dieses Opfer befreite uns alle von unseren Sünden.
Jesus war ein Revolutionär, der scheiterte
Aslan begann eine akademische Laufbahn, und Jesus bewegte ihn dabei immer noch. Doch stellten sich Zweifel an dem Jesus-Bild seiner Jugend ein: Entspricht es der historischen Wahrheit? Kann es den grausamen Kreuzestod plausibel erklären? Die Antwort: Nein. Nach zwei Jahrzehnten Forschung hat sich Aslans Bild vom „Messias“ gründlich geändert: Jesus war ein Revolutionär, der das mächtigste Reich seiner Zeit herausforderte und daran scheiterte.
[amazon_link asins=’3499628821′ template=’ProductAd’ store=’lesenswuerdig-21′ marketplace=’DE’ link_id=’b23f50fa-d516-11e7-ba39-f554921c6c4c’]Die historische Figur Jesus ist schwer zu fassen, gibt Aslan zu. Denn außerhalb des Neuen Testaments der Bibel hat er kaum Spuren hinterlassen. Und auch was dort von ihm erzählt wird, taugt kaum, um von Historikern als seriöse Quelle angenommen zu werden: Die ersten schriftlichen Zeugnisse über sein Leben stammen aus Quellen, die erst Jahrzehnte nach Jesu Tod aufgeschrieben wurden. Frühere Wissenschaftler bezweifelten deshalb auch seine Existenz.
Aslan nimmt Jesu Existenz als gegeben, und herausgekommen ist ein Buch, dass uns ein Bild von ihm zeichnet, wie er wahrscheinlich gewesen wäre – wenn es ihn tatsächlich gegeben hat. Es macht uns mit der römischen und jüdischen Geschichte dieser Epoche bekannt, erläutert politische sowie wirtschaftliche Zusammenhänge und erklärt die Bräuche und Sitten jener Zeit. Sein Buch sei ein Versuch, so Aslan, den Jesus der Geschichte, den Jesus vor dem Christentum, so weit wie möglich zurückzuholen: den politisch bewussten Revolutionär. Das Buch zeigt dem Leser auch, weshalb die frühen Christen aus Jesus einen friedliebenden Mann machten, der nichts anderes anstrebte als das Seelenheil der Menschen in Gottes Himmelreich.
Zuerst veröffentlicht in: Blicklicht, Ausgabe 10 – 2017
Bildquellen
- Religion: Pixabay