Anfang der Woche haben die Erzieherinnen mehrerer Kindertagesstätten der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Cottbus und Königs Wusterhausen für einen Tarifvertrag demonstriert. Mit der Protestaktion fordern sie von der AWO ein verhandelbares Angebot. Ver.di verlangt eine Angleichung des AWO-Lohnes an den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes.
Seit Januar dieses Jahres steht die Gewerkschaft ver.di mit der Tarifgemeinschaft der Arbeiterwohlfahrt im Land Brandenburg in Verhandlungen. In dieser Zeit habe sich die AWO nicht gerührt, sagte Gewerkschaftssekretär Ralf Franke bei der Aktion in Cottbus. Die aktive Mittagspause, zu der aufgerufen worden war, sei nur die Vorstufe. Sollte sich die AWO weiterhin wenig entgegenkommend zeigen, werde ver.di Warnstreiks durchführen, so Franke weiter.
Die AWO zählt zu den wenigen freien Trägern in Südbrandenburg, die ihre Beschäftigten nicht nach dem Tarif für den öffentlichen Dienst entlohnen. Die Unterschiede im Gehalt sind immens: Altenpfleger und staatlich anerkannte Erzieher mit einer Betriebszugehörigkeit von 15 Jahren und in Vollzeit beschäftigt erhalten rund 900 Euro monatlich weniger Entgelt als im öffentlichen Dienst; ein Heilpädagoge bekommt rund 1200 Euro und ein Sozialarbeiter rund 1100 Euro weniger.
Der Lohnunterschied sei nicht nachvollziehbar, so Franke, da die AWO selbst zugibt, dass höhere Löhne durch die Kommunen refinanziert werden könnten. Im Gespräch mit der UZ merkte Franke zudem an, dass es wenig Hoffnung gebe, dass die Kommunen die Forderungen der Erzieherinnen unterstützen werden: Durch niedrige Löhne würden die öffentliche Haushalte weniger belastet.
Im Jahr 2002 wurden die meisten Cottbuser Kindertagesstätten privatisiert und unter anderem an die AWO übergeben. Den Beschäftigten der Arbeiterwohlfahrt wurde damals mitgeteilt, dass sie nach einer Übergangsfrist von einem Jahr auf gut ein Drittel ihres Gehalts verzichten müssten.
Der Geschäftsführer des AWO-Regionalverbandes Brandenburg-Süd, Wolfgang Luplow, ist indes verärgert über die Aktion von ver.di. So wirft er der Gewerkschaft vor, lediglich neue Mitglieder gewinnen zu wollen – weil auf der Rückseite des Protestaufrufs die Beitrittserklärung zur Gewerkschaft abgedruckt ist. Was die Gehälter angeht, sieht Luplow die AWO im oberen Drittel der Sozialverbände.
Noch seien Viele nicht organisiert, sagte Franke, aber es gebe in den letzten Jahren einen positiven Trend. Auf Nachfrage der UZ teilte eine Betriebsrätin eines AWO-Kindergartens mit, dass von den angestellten 25 Erzieherinnen lediglich zehn in der Gewerkschaft seien. Dass sich die Erzieherinnen organisieren, sei aber wichtig, meint Franke. Denn der Tarifvertrag, der erkämpft werden soll, gelte nur für Gewerkschaftsmitglieder.
Bei dem AWO Regionalverband Brandenburg Süd werden derzeit 1100 Menschen in rund 100 sozialen Einrichtungen beschäftigt. Dazu zählen, sechs Seniorenheime, 19 Kindertagesstätten, eine Werkstatt und mehrere Wohnstätten für behinderte Menschen, eine berufliche Schule für Sozialwesen, Jugendhilfeeinrichtungen und Beratungsstellen.
Zuerst veröffentlicht in: Unsere Zeit, Nr. 36/2014
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