Die Vorstellung der Seele spielt in allen Religionen eine besondere Rolle. Doch woher kommt sie? Eine Buchvorstellung
Bis in die heutige Zeit spielt die Vorstellung, der Mensch besitzt eine Seele, eine große Rolle für die Religionen, aber auch für esoterische Zirkel aller Art. Wird aber danach gefragt, woher der Seelenglauben kommt, sind meistens keine Antworten zu finden. Paul Lafargue hat in seinem Buch „Die Seele. Entstehung und Entwicklung eines Begriffs“ versucht, den Entwicklungsgang des Seelenglaubens nachzuzeichnen. Wer denkt, der Mensch habe schon immer an die Existenz einer Seele geglaubt, wird sich enttäuscht sehen. Lafargue weist nach, dass man den Seelenglauben zwar bereits bei den Urvölkern finden konnte, dass dieser aber im Laufe der Zeit verschwand, um dann Wiederauferstehung zu feiern.
Der Traum ist der Anfang des Seelenglaubens
Für die Urvölker waren viele Dinge nicht erklärbar und dazu gehörte das Phänomen des Träumens. Sie glaubten, dass was sie träumten sei real gewesen. Wenn sie im Traum jagten, kämpften oder wanderten, dachten sie, es wäre in Wirklichkeit passiert. Da sie sich aber beim Aufwachen am selben Ort befanden, an dem sie eingeschlafen waren, konnten sie sich den Traum nicht anders erklären, als das sich ihr Geist, die Seele, vom Körper losgelöst hat, ohne den Körper umherwanderte und irgendwann zurückgekehrt sei. Bei den australischen Eingeborenen herrschte z.B. der Glaube vor, dass man einen Schlafenden nicht zu schnell wecken darf, da die Seele eventuell nicht schnell zurück kehren kann und der Schläfer sterben muss. In einigen Teilen Indiens wurde es als Mord angesehen, wenn man eine schlafende Person anmalte, da die zurückkehrende Seele ihren Körper nicht mehr erkennt.
Die Seele hat besondere Eigenschaften
Von Anbeginn hat man den Seelen besondere Eigenschaften zugesprochen. So wurde geglaubt, dass die Seelen der Verstorbenen die Naturgewalten beherrschen könnten, weshalb man sie anrief und sich manche Wunder erbat. Die Indianer z.B. erbaten sich immer, bevor sie zur Jagd gingen, dass die Ahnen für günstiges Wetter und einen Überfluss an Vieh sorgten. Es wurde geglaubt, die Seelen der Verstorbenen könnten Krankheiten heilen oder aber auch bringen. Oftmals nahm man bei Krankheiten an, dass die Seele eines getöteten Feindes gekommen sei, um sich an den Lebenden zu rächen.
Gegenüber den Mitgliedern der eigenen Familie oder des eigenen Stammes waren die Seelen dienstfertig. Die Seelen kommen im Schlaf und beraten die Familienangehörigen, schützen diese vor lebenden oder toten Feinden und kämpfen sogar für sie. Lafargue meint sogar, dass diese Vorstellung im christlichen Glauben weiterlebt; Jesus wurde zum Kreuzestod bestimmt, damit seine Seele den Gläubigen hilft, der ewigen Verdammnis zu entkommen.
Das Paradies entsteht
Die Urvölker und die Menschen der Antike fürchteten sich mehr vor den Toten als vor den Lebenden. Die Seelen waren launisch und konnten leicht verärgert werden, was dazu führte, dass sie die Lebenden quälten. Ihnen wurde alles Unheil zugeschrieben, was jemanden passierte, jeder Unglücksfall, Verwundung und sogar das Altern. So wurden alle möglichen Verstümmelungen an Verstorbenen vorgenommen, nur damit ihre Seelen kein Unheil mehr anrichten konnten.
Irgendwann begann man von diesen Bräuchen abzulassen und es kam die Vorstellung auf, dass die Seelen der Verstorbenen nach dem Tod an einen besonderen Ort gelangen, an dem sie ihr irdisches Leben weiterführen können, nur dass sie in größerem Wohlstand leben oder von allen irdischen Belastungen frei sind. Dieser Ort lag gewöhnlich auf dem Gipfel hoher Berge, in Höhlen oder auf weit entlegenen Inseln.
Über das Buch
Das wirklich interessante Buch richtet sich an alle interessierten Leser. Schreibweise und Stil lassen es zu, dass es auch von Leuten, die sich bis dahin noch nicht mit dem Thema beschäftigt haben, leicht verstanden wird. Bräuche, die es heute noch gibt, werden nach der Lektüre besser verstanden werden und man wird es kaum für möglich halten, welch großer Teil des heutigen Brauchtums noch auf die eine oder andere Weise mit dem Seelenglauben vergangener Tage zusammen hängt.
Literaturhinweis:
Die Seele. Entstehung und Entwicklung eines Begriffs, ISBN 978-3-941731-08-0, Paperback, 96 Seiten
Bildquellen
- die-seele[1]: Bildrechte beim Autor