Vor knapp zwei Wochen waren die Bürger Brandenburgs und Thüringens aufgefordert, an die Wahlurnen zu gehen, um einen neuen Landtag zu wählen. Es zeichnete sich recht bald ab, dass viele Menschen dem Aufruf nicht folgen würden. Am frühen Nachmittag des Wahltages richtete sich der Landeswahlleiter aus Brandenburg an das Wahlvolk, mit der Bitte, doch die Stimme abzugeben. Geholfen hat es offensichtlich nicht: Bis die Wahllokale geschlossen wurden, gab in Brandenburg nicht mal jeder Zweite seine Stimme ab, in Thüringen sah es nicht viel besser aus.
Sonderlich überraschend ist diese Entwicklung allerdings nicht. Die Wahlbeteiligung im Osten ist seit der „Wende“ deutlich zurückgegangen. Lag sie 1990 noch bei rund 72 Prozent, sank sie bei den folgenden Wahlen kontinuierlich ab. Nur in Brandenburg ging vor fünf Jahren die Zahl der Wähler noch einmal nach oben (67%), fünf Jahre vorher war sie mit 56% deutlich geringer.
Vor und nach der Wahl wurde in der Presse erklärt, weshalb so viele Menschen darauf verzichten, ihre Stimme abzugeben. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) machte Ende August darauf aufmerksam, dass es gerade die bildungsfernen und einkommensschwachen Schichten seien, die – statistisch gesehen – ihre Stimme seltener abgeben. Wahlergebnisse würden so sozial verzerrt und dieser Effekt würde umso größer, weil sie immer weniger Einfluss auf das politische Geschehen nehmen würden.
Allerdings muss es noch andere Gründe geben, denn die Argumentation der FAZ erklärt weder den Anstieg der Wahlbeteiligung in Brandenburg vor fünf Jahren noch das Erreichen ihres absoluten Tiefpunktes in diesem Jahr. Jedenfalls ist kaum anzunehmen, dass sich die märkische Gesellschaft in den letzten zehn Jahren so krass geändert hat.
Tatsächlich bot sich der DKP an Infoständen und im Gespräch mit den Bürgern ein anderes Bild. So sehen viele Menschen kaum noch Unterschiede zwischen den großen Parteien. Viele meinen, die Politik der großen Parteien hätte sich von den Interessen der Bürger abgekoppelt und die Wahl sei zu einem großen, aber meist inhaltsleeren Showevent verkommen.
Vor diesem Hintergrund ist es durchaus erstaunlich, dass die DKP in Brandenburg mehr Beachtung fand als noch vor fünf Jahren. Bis auf die DKP und die Freien Wähler haben alle Parteien, die bereits 2009 zur Wahl angetreten waren, massiv Stimmen verloren. Die stärkste Kraft im Brandenburger Landtag, die SPD, hat im Vergleich zum Jahr 2009 rund 140.000 Stimmen weniger bekommen. Die LINKE verlor gut 190.000 Stimmen.
Auf niedrigem Niveau hat die DKP zugelegt. Mit 2356 Stimmen hat sie gut 200 Stimmen mehr bekommen als noch vor fünf Jahren. Es zeigt sich, dass die Partei, wo sie mit ihren geringen Kräften auftrat, Zuspruch erfahren hat. Mit Plakaten, Infoständen und anderen Aktionen hat die DKP an verschiedenen Orten für sich geworben – mit Erfolg.
Dieser – wenn auch kleine – Erfolg ist gleichzeitig eine Herausforderung für die DKP. Er zeigt, dass es sehr wohl lohnend sein kann, aktiver und offener als kommunistische Partei aufzutreten. Das zu kultivieren, wird unsere Aufgabe der nächsten Jahre sein.
Zuerst veröffentlicht in: Unsere Zeit, Nr. 39/2014